1. Unser Start ins FSJ

Ich glaube, jeder kennt das Gefühl, noch nicht bereit zu sein. Dass das Leben zu schnell für einen ist. Zweifel. Die Fragen „Bin ich wirklich schon so erwachsen?“, „Traue ich mir das jetzt schon zu?“ & „Ist das nicht zu viel Verantwortung für mich?“ Und trotzdem möchte man die Verantwortung doch. Man möchte doch weiter kommen, möchte doch einen neuen Schritt wagen und Erfahrungen sammeln. Man möchte etwas Neues erleben und die Herausforderungen bewältigen.

Schule - und dann?

Wir sind Amelie Lokat und Jana Fey und noch vor ein paar Monaten sah unser Leben ganz anders aus. Denn bis vor kurzem gingen wir noch zur Schule. Schule bestimmte unseren Alltag und irgendwie auch unser ganzes Leben. Dann schrieben wir unser Abitur und standen auf einmal da, ohne eine Idee oder einen Plan, wie unser Leben aussehen sollte. Plötzlich tat sich ganz schön viel Verantwortung vor uns auf. Von einem Moment auf den anderen bestimmte niemand mehr über unsere Ziele und Aufgaben. Das mussten wir nun selber machen. Wir mussten unsere Zukunft selber in die Hand nehmen. Reisen und die Welt entdecken schlossen sich von vorneherein aus, da die derzeitige Corona-Situation dies nicht erlaubt. Es war ein ganz seltsames Gefühl, eine Entscheidung zu treffen, die unsere Zukunft bestimmen könnte, ohne die Schule oder die Eltern, die dich in die richtige Richtung schubsen. Wir beide taten uns dementsprechend eher schwer mit der Frage, was wir studieren wollten. Deshalb begannen wir mit der Suche nach anderen Möglichkeiten.

"Oral History"? Was ist das?

Dabei stießen wir auf die im Internet ausgeschriebene Stelle für das Projekt "Oral History". Das Projekt wurde vom Deutschen Roten Kreuz entwickelt. Es geht darum, Interviews mit ehemaligen oder langjährigen Mitgliedern des DRK zu führen, damit deren Erfahrungen und Erinnerungen erhalten bleiben. Dabei werden gerade die subjektiven Erfahrungen der einzelnen Personen in den Vordergrund gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt war immer nur die Geschichte des DRK im Ganzen betrachtet worden, wie es nun mal meistens in der Geschichtsforschung üblich ist. Deshalb war dieser neue Ansatz auch für das DRK etwas Besonderes. Das Projekt startete 2017 mit der Erforschung der Bedeutung des DRK in der DDR-Zeit. Dann wurde es letztes Jahr von Hamburg aus im Norden Deutschlands durch zwei FSJler durchgeführt. Das Projekt "Oral History" ist im Westen von Deutschland beim DRK-Landesverband Nordrhein angesiedelt. Es wird durchgeführt in den DRK-Landesverbänden Nordrhein, Westfalen-Lippe, Rheinland-Pfalz und Saarland. Da wir beide schon immer sehr interessiert an den Geschichten anderer Menschen sind und gut darin sind, mit Leuten zu reden, hat uns das Projekt sofort begeistert. Naja, wir bewarben uns also (schwitzten ein bisschen), verschickten Unterlagen (schwitzten weiter), führten Bewerbungsgespräche (schwitzten ein bisschen mehr) – und der Rest ist Geschichte. Diesen Monat haben wir dann angefangen, uns im DRK-Landesverband Nordrhein einzuarbeiten.

Willkommen im Berufsleben!

Die ersten Tage waren irgendwie echt komisch, aber auch wirklich toll. Obwohl alles neu war und wir niemanden kannten, haben wir uns extrem willkommen gefühlt. Die Leute, die wir während der Arbeit kennen lernten, waren echt super lieb. Trotzdem war alles anders und wir brauchten definitiv einige Tage, um uns daran zu gewöhnen. Ganz banale Dinge, die für viele Leute vielleicht selbstverständlich gewesen wären, bedeuteten für uns eine echte Umstellung, weil sie so anders als in der Schule waren. Zum Beispiel die Tatsache, dass wir die meisten Kolleg*innen duzen durften; die langen Arbeitstage und die eigenen Büros - ach ja, und die sauberen Toiletten.
FSJlerin Amelie vor dem DRK-Generalsekretariat in Berlin

Erste Dienstreise nach Berlin ("Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin ...")

Direkt am ersten Tag eine große Neuigkeit: Wir waren nach Berlin ins Generalsekreteriat des DRK eingeladen worden, um dort eine Einführung in unsere Arbeit zu erhalten. Die zweitägige Dienstreise war schon für unsere zweite Arbeitswoche angepeilt. Es war ein echt seltsames, aber auch überwältigendes Gefühl, von der Arbeitsstelle auf eine bezahlte Dienstreise losgeschickt zu werden, und zwar nach Berlin, der Hauptstadt Deutschlands, zum DRK-Generalsekreteriat, der höchsten Instanz des Deutschen Roten Kreuzes. Die Tage in Berlin waren sehr anstrengend. Wir mussten um 4:30 Uhr morgens aufstehen und dann mehrere Stunden mit der Bahn fahren und wurden dann, als wir ankamen, mit Informationen über Informationen überhäuft. Wir lernten Initiator*innen und Leiter*innen unseres Projektes kennen und erfuhren viel über unsere zukünftige Arbeit. Die ehemalige FSJlerin vom Oral-History-Projekt in Norddeutschland sowie der Journalist und Autor Stefan Schoman berichteten uns von ihren Erfahrungen beim Interviewen und brachten uns dementsprechend viel bei. Einerseits war es ein schönes Gefühl, so viel zu lernen - und es machte auch unglaublich Spaß -, aber andererseits wurde uns während der Zeit in Berlin auch zum ersten Mal klar, wie viele Erwartungen auf uns und unserer Arbeit lasten. Nachdem wir aus Berlin zurückkamen, hatten wir langsam das Gefühl, uns richtig einzugewöhnen. Die Arbeit kam uns immer natürlicher vor, und wir gewannen eine Art Arbeitsroutine. Wir beide wurden richtige Fans vom "Zu-Hause-Arbeiten". Wir arbeiteten zunehmend gerne im Homeoffice und machten die dazu gehörigen typischen Erfahrungen. Außerdem hatten wir die Idee, jeden Monat abwechselnd einen Blog zu veröffentlichen.
Foto: Amelie Lokat
Aussicht von der Jugendherberge am Morgen
Seminar in Vogelsang Ende September waren wir dann auf unseren ersten Pflichtseminartagen in einer Jugendherberge in der Eifel. Jede*r FSJler*in muss innerhalb seines/ihres Freiwilligen Sozialen Jahres an einer bestimmten Anzahl von Seminartagen teilnehmen, die sich meistens neben unseren unterschiedlichen Arbeitsstellen um Themen wie z. B. Tierethik, Geschlechterrollen oder Nachhaltigkeit drehen. Dafür wurden wir FSJler*innen in Seminargruppen eingeteilt, die aber für das erste Seminar coronabedingt noch einmal halbiert wurden. Das erste Seminar wurde vor allem zum Kennenlernen der Gruppe und des DRK mitsamt seinen Werten und seiner Geschichte genutzt. Das war sehr praktisch für uns, da wir uns mit diesen Themen bereits ausführlich im Kontext unserer Arbeit auseinandergesetzt hatten und alles, was wir lernten und noch nicht wussten, gut für die Vorbereitung für unser Projekt gebrauchen konnten. Das Seminar dauerte drei Tage und fand in Vogelsang statt. Vogelsang war früher eine NS-Ordensburg, in der die Führungsspitze der NSDAP ausgebildet wurde. Obwohl wir das erst in den Seminartagen erfuhren, fiel uns schon im Bus bei unserer Ankunft der einschüchternde Baustil der Gebäude auf. Heutzutage ist der Ort ein wichtiger Schlüsselpunkt für das DRK, da sich dort eines der größten DRK-Museen und eine DRK-Akademie des DRK-Kreisverbandes Euskirchen befinden. Wir haben eine Entscheidung getroffen. Sie war schwer und mit viel Verantwortung verbunden. Wir sind uns sicher, dass sie unsere Zukunft beeinflussen wird. Aber wir sind uns auch sicher, dass sie die richtige war, und wir freuen uns schon so sehr auf die nächsten Monate, weil uns dieses FSJ schon jetzt unglaublich viel Spaß macht Amelie und Jana 

Ich bin Jana, eine der beiden FSJlerinnen, die jetzt seit zwei Monaten im Deutschen Roten Kreuz für das Projekt Oral History West arbeiten. Ich komme eigentlich aus Langen, in der Nähe von Frankfurt. Für das FSJ, bin ich extra nach Solingen in eine kleine Wohnung im Haus meiner Großeltern gezogen. Alleine zu leben ist eine große Umstellung und ich musste mich die erste Zeit echt daran gewöhnen. Manchmal ist es wirklich schwer, die Familie und Freund*innen von zu Hause nicht um sich zu haben. Deshalb bin ich echt froh, dass mir die Arbeit so viel Spaß macht und dass ich mich so gut m…

Im letzten Monat hat sich meine FSJ-Kollegin Jana vorgestellt - jetzt bin ich dran! Mein Name ist Amelie und ich bin vor wenigen Tagen 19 Jahre alt geworden. Ich bin in Düsseldorf geboren und aufgewachsen und wohne derzeit noch bei meinen Eltern. Mein Zuhause ist nur 10 Minuten Fußweg vom DRK-Landesverband Nordrhein entfernt, wo ich seit Anfang September mein FSJ mache. Wie Jana und ich bereits im ersten Blogbeitrag geschrieben haben, sind wir beide sehr an der Geschichte interessiert. Aber eben nicht nur an Zahlen und Fakten, sondern ganz besonders interessant finde ich die „erz…

Der Dezember startete für Amelie und mich gleichermaßen mit Stress. Wir wollten uns beide ab dem 21.12., also kurz vor Weihnachten, frei nehmen. Deshalb nahmen wir beide noch einmal die Beine in die Hand und versuchten, so viele Interviews wie möglich zu planen. Allerdings befanden sich die meisten Zeitzeug*innen, die wir kontaktierten *Überraschung, Überraschung* (genauso wie wir selbst ja auch), im Vorweihnachtsstress. Deshalb ging dieser Plan auch nicht ganz so gut auf, wie wir erwartet hatten.

Man kann sagen, dass der Januar arbeitstechnisch gesehen für mich ein ziemlich kurzer Monat war. Als wir Anfang Januar wieder aus dem Urlaub kamen, gab es erst einmal unglaublich viele Emails zu checken. Wir hatten schon fast vergessen, wie der Stand der Dinge auf der Arbeit war. Das war auch der Punkt an dem mir auffiel, wie durcheinander all diese Unterlagen auf meinem Laptop waren. Ich verbrachte ziemlich viel Zeit damit Emails zu löschen, Ordner anzulegen und aufzufrischen und vor allem die Liste mit all den Informationen und Kontaktdaten unserer Zeitzeugen zu pflegen.